Wer an wissenschaftliches Arbeiten denkt, denkt zumeist direkt an das Zitieren. Um dieses Thema drehen sich viele Fragen: Was soll ich zitieren? Wie kann ich richtig zitieren? Und wozu ist das überhaupt gut?
Zitiergrundsätze
Egal, wie Sie technisch und formal zitieren – vorab sollten Sie wissen, dass generell zunächst einmal zwei Grundsätze gelten: »Hauptsache, die zitierten Werke sind eindeutig identifizierbar!« und »Hauptsache, die Zitation ist einheitlich!« Zudem kommen zwei weitere Grundsätze zum Tragen:
Unmittelbarkeit
Das Zitat soll direkt der Ursprungsquelle entnommen werden (»Zitate aus erster Hand«, »ad fontes«-Prinzip). So reduziert sich die Wahrscheinlichkeit für Fehler. Wenn Sie die Originalquelle nicht kennen, wissen Sie nicht, ob es stimmt, was Sie da zitieren. Sie würden den zitierenden Personen blind vertrauen und nach dem »Stille-Post-Prinzip« Fehler weitergeben. Das widerspricht dem Prinzip der akademischen Redlichkeit. Nur ausnahmsweise sollten Sie auf ein sogenanntes Rezitat ausweichen. In der Quellenangabe steht dann »[Ursprungsquelle] zitiert nach [vorliegender Quelle]«). Dieser Fall tritt ein, wenn eine Quelle vergriffen oder für Sie nur mit unzumutbarem Aufwand zu beschaffen ist. Die Möglichkeit der Fernleihe sollten Sie also auf jeden Fall geprüft haben. Es macht keinen guten Eindruck, wenn Sie leichtfertig auf ein Rezitat zurückgreifen. Sie erwecken den Anschein, einfach nur zu faul zum Recherchieren gewesen zu sein. Zweckmäßigkeit Das Zitat soll nur das enthalten, was nötig ist, um die eigene Argumentationskette zu unterstützen. Es soll inhaltlich und sprachlich optimal eingebunden sein, z.B. durch Auslassungspunkte und die Integration in die eigene Satzkonstruktion.
Direkte und indirekte Zitate
Immer wenn also fremdes Wissen in die eigene Arbeit einfließt, muss es korrekt zitiert werden. Die Gedankengänge können dabei sinngemäß oder wortwörtlich übernommen werden. Bei der sinngemäßen Übernahme spricht man von einem indirekten Zitat oder einer Paraphrase, bei einer wortwörtlichen Übernahme von einem direkten Zitat. Da Sie mit einem Zitat Ihre eigenen Gedanken argumentativ nur stützen, nicht aber ersetzen wollen, sollten Sie indirekten Zitaten den Vorrang vor direkten Zitaten geben. So können Sie Ihren eigenen Stil und Ihre eigene Leistung besser zeigen. Gerade zu Beginn erscheinen Ihnen manche Formulierungen von gestandenen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen vielleicht als besonders prägnant. Sie hätten den Sachverhalt nicht treffender ausdrücken können. Aber das allein kann noch kein Grund für ein direktes Zitat sein. Je mehr Fachliteratur Sie lesen und je mehr Seiten Sie zu Papier bringen, desto eher relativiert sich übrigens diese Annahme, dass so viele fremde Formulierungen besser sind als Ihre eigenen.
Direkte Zitate
In manchen Fachkulturen wird öfter direkt zitiert als in anderen. In den Literaturwissenschaften beispielsweise kommt es häufig auf Nuancen in der Formulierung an. Deswegen lässt man gern die zitierte Quelle für sich sprechen. In Fächern, in denen Fakten und Zahlen dominieren, wie etwa in den Naturwissenschaften, genügt es oft, sich indirekt auf die zitierten Autoren zu beziehen oder nur auf sie zu verweisen. Für folgende Fälle kommen direkte Zitate in Frage:
- für die Definition von grundlegenden Begriffen
- für zentrale Aussagen, bei denen es auf Detailtreue und Genauigkeit ankommt
- für Aussagen, auf die Sie sich anschließend konkret beziehen wollen, um sie zu kritisieren oder zu widerlegen
- zur Abwechslung, wenn Sie über weite Strecken nur indirekt zitieren und den
Text auflockern wollen (ein geeignetes Zitat vorausgesetzt!) Das direkte Zitat steht in Anführungszeichen, weil das fremde Wissen buchstabengetreu wiedergegeben wird, mit allen Hervorhebungen, aber auch Fehlern oder ungewöhnlichen Schreibweisen des Originals. Bei Bedarf verwenden Sie »[sic!]« (lateinisch für »so ist es!«) oder »[!]« direkt nach dem Fehler, um zu zeigen, dass Ihnen dieser bewusst ist und nicht Sie selbst ihn aus Versehen in das Zitat eingebaut haben. Längere direkte Zitate, sollten sie denn unbedingt erforderlich sein, können je nach Zitierstil eingerückt, mit einzeiligem Abstand und/oder mit kleinerer Schrift geschrieben werden. Auslassungen eines Wortes kennzeichnen Sie durch »[.]«, Auslassungen mehrerer Wörter mit »[…]«. Auch Ergänzungen stehen in eckigen Klammern. Diese Maßnahmen dienen dazu, das Zitat sprachlich besser in den eigenen Text einzupassen.
Sonderfall fremdsprachliche Zitate
Wenn Sie direkte Zitate aus fremdsprachlichen Quellen in Ihre Arbeit integrieren möchten, sollte das bei englischsprachigen Quellen kein Problem darstellen, da Englisch als Wissenschaftssprache etabliert ist. Bei allen anderen Sprachen bauen Sie Zitate besser nur ein, wenn Sie sicher sein können, dass diese auch verstanden werden. Sollte dennoch ein direktes Zitat tatsächlich erforderlich sein, übersetzen Sie es. Anderenfalls weichen Sie auf ein indirektes Zitat aus.
Indirekte Zitate
Indirekte Zitate bilden in vielen Fachkulturen die Regel. Es handelt sich dabei um eine Paraphrase fremden Wissens. Sie drücken also in eigenen Worten aus, was jemand anders geschrieben hat. Dabei werden keine Anführungszeichen verwendet, die Quellenangabe wird meist mit »vgl.« (für »vergleiche«) eingeleitet. Eine Ausnahme hierzu bildet der Harvard-Stil, fragen Sie aber sicherheitshalber lieber nach.
Achten Sie darauf, dass Sie sich kritisch mit den Quellen auseinandersetzen und diese in Ihrem Text nicht nur aneinanderreihen. Ihre Aufgabe ist es nicht, im Stile eines Lehrbuchs gesichertes Wissen anzuhäufen und zu beschreiben, sondern Ihre eingangs definierte Fragestellung zu beantworten. Die Quellen erweisen sich dabei entweder als unterstützend für Ihre Position oder als Gegenposition. Dies sollten Sie deutlich benennen, unter anderem mit den passenden einleitenden Verben (»Müller betont …«, »Müller stellt infrage …«). Wenn Sie die Zitate sprachlich geschickt einbetten, übermitteln Sie nicht nur die fremde Aussage, sondern zugleich Ihre Einschätzung. Auch hier ist wieder Fingerspitzengefühl gefragt. Einerseits darf die fremde Aussage natürlich nicht verfälscht werden. Andererseits steckt in jeder Stellungnahme immer auch eine Interpretation.
Setzen Sie Ihre Quellenangaben so früh wie möglich, nachdem Sie die fremden Inhalte referiert haben, damit es nicht irreführend ist und Sie nicht suggerieren, dass dieses Wissen von Ihnen stammt. Die sprachliche Einbettung hilft Ihnen auch hier wieder: Indem Sie die Sätze mit dem Namen einleiten (z.B. mit »laut«, »gemäß« oder »nach« + Name), erhalten die Lesenden einen Hinweis darauf, dass die folgenden Inhalte einer anderen Person zuzuschreiben sind.
Beachten Sie, dass indirekte Rede im Konjunktiv als eine Distanzierung vom Gesagten gelesen werden kann. Wenn Sie also schreiben, »Müller kommt zu dem Schluss, dass Variante A vorzuziehen sei«, drücken Sie damit unter Umständen aus, dass Sie das für falsch halten und selbst zu Variante B tendieren. Sind Sie jedoch wie Müller ein Verfechter von Variante A, schreiben Sie besser, »Müller kommt zu dem Schluss, dass Variante A vorzuziehen ist.« Welche Zeitform gewünscht wird und passend ist, hängt von den fachlichen Konventionen und von den jeweiligen Inhalten ab. Mit dem Präsens liegen Sie meistens richtig. Präteritum wird für die Beschreibung von Untersuchungsschritten und die Präsentation der Ergebnisse eingesetzt (»Die Teilnehmer erhielten einen Fragebogen« und »Die Befragung ergab, dass …«). Auch wenn Sie zitieren, schreiben Sie selbst bei Quellen, die vor vielen Jahren veröffentlicht wurden, tendenziell im Präsens (»Müller geht davon aus, dass …«). Wenn Sie von konkreten Ergebnissen berichten, kann auch das Präteritum angemessen sein (»Müller zeigte, dass …«). In jedem Fall gilt. Behalten Sie die einmal begonnene Zeitform bei und weichen Sie nur in begründeten Fällen davon ab.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch „Wissenschaftliche Arbeiten schreiben“ von Andrea Klein. Alle Infos zum Buch, das Inhaltsverzeichnis und eine kostenlose Leseprobe findet ihr bei uns im Shop.